Habichtskauz – Schirmart für Artenschutz
Habichtskauz – Schirmart für Artenschutz
Der Habichtskauz gilt als Schirmart für eine Fülle von Tierarten, die auf Alt- und Totholzbestände angewiesen sind und den spezifischen Lebensraum des attraktiven Habichtskauzes brauchen, der in Mitteleuropa als praktisch ausgerottet gilt. Die Bemühungen für die Wiederansiedlung des Habichtskauzes sind länderübergreifend und entsprechend anspruchsvoll zu organisieren: Die relevanten Akteure müssen an einen Tisch gebeten werden, Machbarkeitsstudien müssen erarbeitet werden und wichtig ist auch, dass eine Analyse des vorgesehenen Lebensraumes gemacht wird, damit die Wiederansiedlung eine Chance hat. Schafft es die Art selber, oder braucht es die menschliche Unterstützung?
Der Wienerwald – ein idealer Ort für die Wiederansiedlung
Wegen seiner zentralen Lage an der Alpennordseite kommt der Biosphärenpark Wienerwald als Trittstein zwischen den kleinen Populationen von Habichtskäuzen in Bayern, Tschechien, Slowenien und Italien in Frage. Wenn sich in diesem grössten zusammenhängenden Waldgebiet Österreichs mit über 1000 km² Buchen-Tannen-Fichten-Wald die Habichtskäuze wieder ansiedeln, kann eine wertvolle genetische Brücke zu den benachbarten, aber isolierten Populationen der anderen Länder gebildet werden, die den Bestand der Habichtskäuze sichern könnte. Die Kriterien für Wiederansiedlung von Tieren, die von der Weltnaturschutzunion IUCN definiert werden, wurden auch beim Habichtskauz-Wiederansiedlungsprojekt berücksichtigt: Es muss historisch belegt sein, dass im vorgesehenen Gebiet früher Habichtskäuze lebten, dass der Grund für sein Aussterben – die Jagd – beseitigt ist (er ist heute ganzjährig geschützt) und dass der Wienerwald heute ein passender Lebensraum mit adäquater Nahrungsgrundlage ist.
Wiederansiedlung dank europäischer Zusammenarbeit
Das Wiederansiedlungsprogramm startete 2009 unter der Leitung der österreichischen Vogelwarte in Zusammenarbeit mit dem Veterinärmedizinischen Institut der Universität Wien mit dem Ziel, 50 Zuchtpaare nachweisbar anzusiedeln. Zu Beginn wurden möglichst viele Partner in ganz Mitteleuropa gesucht, die zusammen ein Zuchtnetzwerk für Habichtskäuze bilden. Der Vorteil von Zuchtvögeln ist, dass der Genpool gezielt aufgebaut werden kann. Mit von der Partie sind deshalb Zoos, Zuchtstationen und auch private Züchter:innen, die Nachwuchs aus ihrer Zucht für das Projekt zurückbehalten.
Daneben mussten aber auch Finanzierungspartner gefunden werden und verschiedene Monitoringmethoden etabliert werden. Speziell für die Wiederansiedlung haben die Verantwortlichen Farbringe entwickelt, die mit einem Chip versehen sind. An elektronischen Lesestellen im Wald können somit Daten abgelesen werden, aber auch Federfunde werden auf DNA analysiert, damit man einzelne Individuen identifizieren kann. Zwar nisten die Habichtskäuze in natürlichen Bruthöhlen, für das vereinfachte Monitoring wurden aber auch 450 Nisthilfen im gesamten gewünschten Verbreitungsgebiet aufgebaut.
Unsere Habichtskäuze Strixi und Sidra
Die Greifvogelstation Berg am Irchel ist 2015 ins Wiederansiedlungsprojekt eingestiegen. Unser Männchen Strixi wurde uns vom Zoo Magdeburg übergeben, nachdem dort seine Partnerin gestorben war und der Zoo die Zucht aufgeben wollte. Andi Lischke, der Leiter der Greifvogelstation, hat nach intensiver Suche schliesslich ein Weibchen aus dem Zuchtzentrum Haringsee gefunden, das sofort mit unserem Männchen harmonisierte. Seither haben Strixi und Sidra jährlich ein bis vier Junge, und über die Jahre achtzehn Junge bekommen, die wir jeweils vor Ablauf der ersten 100 Lebenstage dem Wienerwald übergeben konnten. Ein besonders glücklicher Umstand ist die Zusammenarbeit mit dem Schweizer Piloten Thomas Manser. Er konnte als Sponsor für das Projekt gewonnen werden. Seither fliegen die jungen Habichtskäuze im Privatjet nach Wien und bleiben dadurch von der beschwerlichen und riskanten 12-stündigen Autofahrt verschont.