Die optimale Voliere
Die optimale Voliere
Das Habichtskauz-Wiederansiedlungsprojekt ist ein Steckenpferd des Programmleiters unserer Greifvogelstation, Andi Lischke. Er hat sich vor sieben Jahren persönlich für die Beschaffung zweier Habichtskäuze eingesetzt und die Voliere geplant und gestaltet. Seit bald acht Jahren lebt das Brutpaar in Berg am Irchel und produziert jährlich zwischen ein und fünf Küken. Ich habe Andi gefragt, was es genau ausmacht, dass sich die Habichtskäuze in der Greifvogelstation so wohl fühlen.
Welche Grundüberlegungen hast du dir vor der Erstellung der Habichtskauz-Voliere vor sieben Jahren gemacht?
«Eine Voliere soll ein ruhiges, schönes Wohnzimmer für ihre Bewohner sein. Was das für jede Vogelart heisst, muss im Vorfeld erarbeitet werden. Man muss wirklich gut Bescheid wissen über die Wildtiere, die man halten will: Welche Bedürfnisse haben sie im Jahresverlauf, wie sieht ihr natürliches Habitat aus, wie verhalten sie sich und welches Brutverhalten im speziellen zeigen sie, wo halten sie sich am liebsten auf, wie jagen sie und vieles mehr. Allgemein muss man bei Wildtieren ausserdem immer vor Augen haben, dass der Mensch grundsätzlich ein Feind ist und Angst auslöst. Eine optimale Haltung setzt voraus, dass sich die Tiere in ihrem Lebensraum sicher fühlen. Entsprechend muss der Abstand zum Menschen jederzeit gross genug sein und wir sollten die Voliere möglichst wenig betreten. Vögel fühlen sich hinter Gitter wohl, es ist ein optischer Schutz. Sie brauchen Ruhe und eine Rückzugsmöglichkeit.»
Die Habichtskauzvoliere ist an der Südseite der Greifvogelstation angebaut. Worauf hast du bei der Einrichtung geachtet?
«Die Futterstelle befindet sich grad beim Eingang. So brauchen wir gar nicht jeden Tag in die Voliere hineinzutreten. Aus demselben Grund putzen wir auch nicht täglich. Das Credo ist immer, sie in Ruhe zu lassen und möglichst wenig zu stören. Ein Vogel, der sich wohl fühlt, sitzt mit locker geplustertem Gefieder auf der Stange und bewegt sich wenig. Damit das Habichtskauzpaar den verschiedenen Witterungen angepasste Sitzgelegenheiten hat, haben wir verschiedene Sitze in der Höhe angebracht. Die Vögel müssen auch mal im Regen sitzen können, brauchen aber auch einen windgeschützten Ort mit einer Rückwand. Die Grösse der Voliere spielt dabei nicht mal so eine grosse Rolle, obwohl diese vom Gesetz vorgegeben wird. Allerdings sind das Masse, die von Menschen gemacht wurden. Vögel kommen auch mit einer kleinen Voliere klar, wenn sie am rechten Ort, eben in der Höhe, angebracht ist. Viele Vögel sind ausserdem Einzelgänger, die sich nur für die Paarung zusammentun. Eulen brauchen also keine Unterhaltung, es wird ihnen nicht langweilig.»
Was ist das Rezept für den Zuchterfolg unseres Habichtskauzpaares?
«Der Habichtskauz braucht eine sichere, trockene Bruthöhle, in der bis zu sechs Junge für eine Weile Platz haben. Die Paarhaltung bei Vögeln ist artspezifisch. Beim Habichtskauz ist es nicht lebenswichtig, dass er mit einem Partner zusammen ist, aber er ist partnertolerant. D.h. man kann ein Paar also ganzjährig in derselben Voliere halten. So kann man auch die Herbstbalz gut beobachten. Gepaart wird allerdings erst im Februar, im März werden die Eier in der Bruthöhle abgelegt. Bei Strixi und Sidra hatten wir viel Glück: sie haben sich von Anfang an sehr gut vertragen. Dennoch sitzen sie oft an verschiedenen Sitzplätzen auf, damit sie sich nicht dauernd in die Quere kommen.»
Wieviel Zeitaufwand ist mit der Haltung dieses Zuchtpaares verbunden?
«Die Zubereitung und Vergabe des Futters, das Saubermachen der Voliere und des Futterplatzes sowie gelegentliche Kontrolluntersuchungen machen einen Teil der täglichen Pflege von etwa einer Stunde aus. Sehr wichtig ist es, dass wir uns die Zeit nehmen, die Tiere sorgfältig zu beobachten. Geht es ihnen gut? Sind sie ruhig? Wie sieht der Kot aus? Haben sie klare Augen? Ist das Gefieder locker geplustert? Tiere in einer guten Haltung leben ja meist viel länger als in der Natur: sie sind keinen Bedrohungen ausgesetzt, bekommen regelmässig Futter, sind meist fern von Krankheitsherden und haben weniger Stress. So können Habichtskäuze 15 bis 20 Jahre alt werden. Strixi und Sidra sind bereits neun und zwölf Jahre alt – d.h. wir haben sie bestimmt noch eine Weile!»